Zuweisung

Für die Zuweisung zur MH-Abklärung gibt es in der Regel zwei Indikation:

  • Es ist eine MH-Empfindlichkeit in der Familie bekannt oder wird vermutet
  • Die Patientin / der Patient hat selber ein MH-verdächtiges Ereignis erlebt.

Stammt die zugewiesene Person aus einer (vermuteten) MH-Familie, so werden wir die Möglichkeit einer molekulargenetischen Diagnostik prüfen. Um uns dies zu erleichtern, sollte ein Familienstammbaum beigelegt werden. Dieser kann hier heruntergeladen werden. Auch bei Personen mit einer MH-verdächtigen Episode ist die Stammbauminformation wichtig, weil die MH Veranlagung autosomal dominant vererbt wird. Senden Sie die vorhandenen Unterlagen bitte an das MH Diagnostik Zentrum. Wir werden dann die Patientin / den Patienten direkt kontaktieren und über die mögliche Untersuchung (Molekulargenetik oder in-vitro Kontrakturtest) informieren. Sollte eine genetische Untersuchung möglich sein, empfehlen wir die Blutentnahme beim Hausart. Sollte eine Muskelbiopsie indiziert sein, so werden wir die Patientin / den Patienten direkt aufbieten.

Anästhesie bei MH Empfindlichkeit

Für MH empfindliche Personen stehen sichere Anästhesieverfahren zur Verfügung. Hierzu gehören sämtliche Verfahren der Regionalanästhsie. Zudem kann eine Allgemeinanästhesie triggerfrei durchgeführt werden.
In beiden Fällen ist es wesentlich, den Anästhesiearbeitsplatz entsprechend vorzubereiten. Ebenso muss die Dantrolenreserve überprüft werden.
Das Monitoring MH empfindlicher Personen sollte immer ein EKG, nicht-invasive Blutdruckmessung und Sauerstoffsättigung umfassen. Im Falle einer Allgemeinanästhesie ist auch das endexpiratorische CO2 und die Temperatur kontinuierlich zu messen.
Ein erweitertes Monitoring (invasive Blutdruckmessung, zentralvenöser Katheter) sollte in Abhängigkeit des Allgemeinzustandes des Patienten und der Grösse des operativen Eingriffes etabliert werden.
Bei einem problemlosen intraoperativen Verlauf ist eine postoperative Ueberwachung auf eine Intensivstation aufgrund der MH Empfindlichkeit nicht notwendig. Eine Ueberwachung im Aufwachraum ist immer angezeigt.
Werden MH empfindliche Personen anästhesiert, so sollte die Möglichkeit einer intensivmedizinischen Betreuung gegeben sein.
Eine prophylaktische Behandlung mit (oralem) Dantrolen ist heute obsolet und wird nicht mehr durchgeführt.
Hier findet sich eine Liste der für MH empfindliche Personen relevanten Medikamente.

Arbeitsplatzvorbereitung

Bei MH empfindlichen Personen muss eine triggerfreie Anästhesie durchgeführt werden. Dies beinhaltet auch die Vorbereitung des Arbeitsplatzes.

  • Entfernen des Verdampfers
  • Ersatz des Atemkalks
  • Verwenden neuer Beatmungsschläuche
  • Spülen es Ventilators mit 10 l/min Frischgas für mind. 10 Minuten. Neure Literatur hat gezeigt, dass dies bei modernen Ventilatoren ungenügend sein kann. Hierzu sollten herstellerspezifische Informationen abgefragt werden. Der Einsatz eines Aktivkohlefilters kann die Vorbereitungszeit deutlich reduzieren.
  • Cave: gilt auch für Respiratoren in der Vor- und Nachbehandlung
  • KEINE prophylaktische Gabe von Dantrolen
  • Kontrolle der Dantrolenreserven

Eine postoperative intensivmedizinische Überwachung sollte verfügbar sein, ist jedoch nur bei einer auf MH verdächtigen Symptomatik notwendig. Mit der Ausnahme depolarisierender Relaxantien und volatiler Anästhetika sind sämtliche Medikamente erlaubt. Für die Medikamente siehe auch hier.

Dantrolenreserven

An Arbeitsplätzen, wo MH Triggersubstanzen (volatile Anästhetika, Succinylcholin) eingesetzt werden sollten eine unmittelbare Verfügbarkeit von Dantrolen haben. Als Minimum muss eine erste (besser auch zweite) Dosis von 2.5 mg /kg zur Verfügung stehen. Diese Menge orientiert sich am behandelten Patientenkollektiv und ist in einer Adipositasklinik erheblich höher, als an einer kinderanästhesiologischen Abteilung.
International wird eine Dantrolenreserve von 36 Flaschen empfohlen.
Es muss bekannt sein, wo im Bedarfsfall rasch und zu jeder Tag- oder Nachtzeit zusätzliches Dantrolen organisiert werden kann.

Triggersubstanzen bei MH verboten:

Sämtliche inhalativen Anästhetika, das heisst:

  • Aether
  • Halothan
  • Enfluran
  • Isofluran
  • Sevofluran
  • Desfluran

Ebenso gehören depolarisierende Muskelrelaxantien zu den Triggersubstanzen:

  • Succinylcholin
  • Suxamethonium

Sichere Substanzen, bei MH erlaubt:

Die Folgenden Substanzen sind für MH empfindliche Personen bezüglich MH sicher:
(diese Liste ist nicht abschliessend)

  • Opioide
  • Ketamin
  • Etomidate
  • Barbiturate
  • Benzodiazepine
  • Propofol
  • Amid- und Esther-Lokalanästhetika
  • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSARD)
  • Paracetamol

Mit MH assoziierte Muskelerkrankungen

Patienten mit Myopathien, welche auch mit Mutationen im Ryanodinrezeptor assoziiert sind, sind für eine maligne Hypethermie gefährdet und müssen als MH empfindlich betrachtet werden. Diese Myopathien sind:

  • Central core disease (CCD)
  • Multi minicore disease (MmD)
  • King Denborough Syndrom
  • Nemaline Myopathie

Beim MmD und Nemaline Myopathie sind auch Formen bekannt, welche mit Mutationen in anderen Genen einhergehen. Hier ist die MH Empfindlichkeit sehr wahrscheinlich nicht gegeben.
Allgemein sollte festgehalten werden, dass nur die obgenannten Muskelerkrankungen mit einem MH Risiko vergesellschaftet sind.
Bei anderen Muskelerkrankungen kann es zu einer hypermetabolen Symptomatik kommen, welche der MH Symptomatik ähnlich sehen kann. Es handelt sich jedoch nicht um eine primäre Störung der Calcium-Homöostase und somit nicht um eine maligne Hyperthermie. Mit Ausnahme der obgenannten Myopathien kann auch nicht von einem generellen Verbot inhalativer Anästhetika ausgegangen werden. Es ist in diesen Situationen wichtig, die individuellen Vor- und Nachteile der einzelnen Anästhetika für den jeweiligen Patienten abzuwägen.
Dies gilt selbstverständlich nicht für Succinylcholin. Succinylcholin sollte bei Patienten mit Muskelerkrankungen nicht verwendet werden. Eine mögliche Ausnahme bilden lebensbedrohliche Situationen, wobei auch hier meist Alternativen zur Verfügung stehen.